Auswandern
... aber richtig!
Ich versprach ihm, mich darum zu kümmern. Dazu muss man ein wenig von seiner Vorgeschichte wissen: Als junger Bursche von 16 Jahren ließ er sich von irgendwelchen braunen Gestalten dazu verführen, im Zweiten Weltkrieg mitzumischen. Das war in Slawonien, Kroatien, er war, wie man so schön sagt, Volksdeutscher. Man sagte ihm: »Die können ja nicht schießen!« Schon nach wenigen Tagen im Einsatz wusste er: »Und wie die schießen können!«
Kurz und schlecht: er geriet in russische Kriegsgefangenschaft, wo er zunächst in Bulgarien interniert war. Später wurde er nach Donezk verbracht, wo er in einer Kohlengrube unter Tage Zwangsarbeit leisten musste. Dort wurde er nach einer Gasexplosion verschüttet, was von den Verantwortlichen niemanden kümmerte. Er und sein Kumpel wurden für tot erklärt. Doch sein Kumpel war unverletzt, und die Beine meines Vaters waren bis über das Becken von Geröll verschüttet. Sein Kumpel grub ihn wieder aus, doch war sein Becken zerquetscht, und er musste für mehrere Wochen ins Lazarett.
Kurze Zeit später sortierten die Russen ihre Gefangenen aus. Ein Offizier fragte dabei meinen Vater: »Du bist Kroate?« Mein Vater verneinte dieselbe Frage mehrmals, bis der Offizier laut wurde und mit einem Augenzwinkern sagte: »Du bist doch Kroate!« Da hatte er verstanden und war ein freier Mann.
Oder so ähnlich. Weil die Amerikaner, Engländer oder Franzosen hätten ihn wegen seiner SS-Tätowierung wieder in Gefangenschaft gesteckt. So wanderte er sehr geschwächt von der Ukraine bis nach Ungarn, wo er für ein halbes Jahr Unterschlupf auf einer Pusztá fand. Später gelangte er wiederum zu Fuß nach Linz in Österreich zu seiner Familie.
Kurz und gut: Äußrst traumatisiert musste er sich dort auskurieren. Sein Leben verbrachte er mit schlimmen Depressionen und Arthritis, von denen er unfassbare Schmerzen auszuhalten hatte. Seine Gelenke hatten sich bis zum hohen Alter stark verformt. Er konnte sie nur unter großen Schmerzen bewegen. Dazu kam, dass seine Gelenke in der Kälte im Winter steif wurden.

Die ein bis zwei Jahre vergingen, aber es ging ihm besser statt schlechter. Vielleicht versteht man jetzt besser, warum ein Mann mit 80 Jahren den Plan fasst, auszuwandern. Ich sage nur immer: »Der eine geht ins Altenheim, der andere wandert aus!«
Eine Idee war, dass er in eine Rohkost-Gemeinschaft mit einzieht, wo andere für ihn die Arbeit machen und er sein sehr umfangreiches Wissen weitergibt. Also begann ich nach einer Rohkost-Gemeinschaft in einem warmen Land zu suchen. An einer sehr merkwürdigen Stelle in diesem Zusammenhang wurde ich fündig: eBay! Dort hatte eine Rohkost-Gemeinschaft ein Inserat aufgesetzt, das sich sehr interessant las: El Paraiso in Paraguay. Auf deren Homepage fand ich eine umfangreiche Beschreibung der Lebensbedingungen, über das Auswandern als solches und viele sehr wertvolle Infos.
