Ankunft

Die ersten Schritte

In Paraguay kommt man nicht einfach so an. Man taucht in eine völlig andere Welt ein. Das beginnt schon am Gepäckband. Der Flughafen »Silvio Petirossi« ist eine Möglichkeit für Paraguayer, Geld zu verdienen.

Der Flughafen (Übersicht Paraguay)
Im Land ist Geld der rarste Artikel, jedenfalls für die meisten. Nur ein paar wenige Großgrundbesitzer, Ausländer, Industrielle und Finanzmenschen schwimmen geradezu im Geld. Im Flugzeug saß man gerade noch neben dem gestylten paraguayischen Mädel mit zwei der modernsten Handys (iPhone und Blackberry), die mal schnell zum Shoppen nach Sao Paolo geflogen ist, und am Gepäckband warten Leute, die hier das Geld verdienen, um ihre Familien mühsam damit zu ernähren. Die drängen sich einem auf, dass sie das Gepäck zum Fahrzeug bringen dürfen. Oft erhalten sie dann den kleinsten ausländischen Geldschein, der gerade greifbar ist. Mir half ein Bursche, der höchstens 14 Jahre alt war. 5 Euro sind für einen paraguayischen Landarbeiter ein Tageslohn. Manche der Gepäckhelfer arbeiten seit vielen Jahren auf dem Flughafen. Sie kennen dann die Zollbeamte und verhalten sich dann so, dass man glaubt, sie würden einem durch den Zoll helfen. Ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen, aber einmal ging's wirklich flott, und der Gepäckhelfer winkte mich durch, während der Zollbeamte grinsend daneben stand. Vermutlich helfen sie sich gegenseitig, weil dort auch Beamte recht wenig verdienen.

Der Mindestlohn – welch merkwürdige Debatte in Deutschland – beträgt in Paraguay etwa 230 Euro pro Monat. Das dürfte in etwa auch der Lohn eines Zollbeamten sein. Vielleicht etwas mehr.

Hinter der Zollschranke begrüßte mich Michael. Er und seine Frau Anja sind die Verwalter meines Hauses, solange ich in Deutschland bin. Sie stammen aus Sachsen und waren früher Ballett-Tänzer noch zu DDR-Zeiten und eine Zeitlang nach der Wende. Nachdem sie genügend orthopädische Schäden gesammelt hatten, um aufhören zu müssen, gingen sie in »Rente«. Für Menschen aus den neuen Bundesländern ist das Geld aber sehr knapp bemessen. Daher wanderten sie nach Paraguay aus, wo sie ein recht schönes Leben in ihrem großen Haus mit Swimming Pool, Volleyballplatz, Teich usw. genießen.

Zum Glück war es »nur« etwa 30 Grad heiß. Ein paar Tage zuvor waren es schon einmal 40 Grad gewesen. Allerdings drückte die Hitze, so dass man spürte, dass ein Gewitter im Anzug war. Wir fuhren dann zum nächsten Supermarkt, wo ich mich mit dem nötigsten eindeckte. Das Angebot hat sich in den letzten drei Jahren, wo ich nicht in Paraguay stark erweitert. Dazu später mehr. Nach einem Gang zur Wechselstube ging's dann in Richtung »Heimat«.

Der Weg nach San Bernardino
Die Strecke führte uns über Luque, Aregua und Ypacarai nach San Bernardino, das sich fast über das gesamte Ostufer des Lago Ypacarai hinzieht. Man sollte sich hier nicht täuschen lassen. Die Strecke über den Norden des Sees ist zwar viel kürzer, dauert durch die holprige Straße im Sumpf genauso lange plus ein bis zwei Stoßdämpfer. Da geht es über eine wunderbar gepflegte Asphaltstraße viel bequemer als über den »Abenteuerweg«. Dazu stelle ich noch ein entsprechendes Video ein. Kann aber dauern.

Lago Ypacarai

Erste Hilfe

Der Lago Ypacarai ist so eine Art Juwel in der Gegend der Hauptstadt. Jedenfalls war er das mal. Er gehört immer noch zu den beliebtesten Urlaubszielen der Region, einschließlich Argentinien und Brasilien. Viele Hauptstädter aus Asuncion und den umliegenden Städten wie Luque, Fernando del la Mora besitzen Ferienhäuser in San Bernardino. Der bekannteste Besitzer von vier Ferienhäusern ist Carlos Slim, dem die Halbinsel gehört, die sich wie ein aufgerichteter Finger in den See erstreckt.

Norden von San Bernardino
Allerdings ist der Umweltschutz in Paraguay noch nicht weit fortgeschritten, dafür umso mehr die Umweltverschmutzung. Für den See ist seit langer Zeit eine Ringkanalisation geplant, allerdings fehlt vielen Gemeinden wie beispielsweise Aregua das Geld dazu. San Bernardino hat durch den Tourismus sehr viel mehr Gelder zur Verfügung und tut auch etwas dazu. Beim Lago Ypacarai handelt es sich um einen sehr flachen See, dessen Wasser schon von Haus aus viele Schwebteilchen enthält, vergleichbar etwa mit dem Neusiedlersee oder dem Balaton.

In letzter Zeit hat das ungeklärte Einleiten von Flüssigkeiten beispielsweise aus Fleischerein zu einen erhöhten Nährstoffangebot geföhrt, wodurch das Algenwachstum angestiegen ist. Mit Michael fuhr ich gleich zum See, wo der Bürgermeister von San Bernardino eine »Reinigung« angelegt hat. Michael wusste auch nicht so genau, worum es sich dabei handelt. Jedenfalls handelt es sich bei der »Ersten Hilfe« um eine Zusammenarbeit mit einem biologischen Forschungsinstitut.
Die Seewaschanlage
Ich hoffe, dass sich bald Möglichkeiten finden, die Ringkanalisation zu finanzieren. Der See jedenfalls hätte es mit all seinen Bewohnern verdient: Stachelrochen und viele andere Fischarten, Kaimane, Anacondas (die kleinen Schwestern der großen Würger vom Amazonas und viele Vögel.

Natürlich gibt es hier auch Probleme mit dem »gefährlichsten« Raubtier der Erde: Krokodile enden noch zu oft als Handtaschen, und hin und wieder versucht ein Paraguayer einem Deutschen, eine Anaconda gegen viel Geld für einen deutschen Zoo anzubieten, was natürlich von den Behörden streng verfolgt wird. Naturschutz heißt in Paraguay auch, den Menschen eine tragfähige Wirtschaft zur Verfügung zu stellen. Eine Schuldenquote von derzeit 1,5% lässt hoffen.

Da fällt mir ein: Ich könnte ja einen Spaziergang zu Herrn Slim machen. Meist kloppt er sich mit Herrn Gates um die Rolle des reichsten Mannes der Erde. Der Spaziergang wird ungefähr eine Viertelstunde dauern. Dann kann ich ihn fragen, ob er mal schnell aus seiner Portokasse die Ringkanalisation finanziert. Bei einem Vermögen von etwa 70 Milliarden Dollar fallen 20 bis 30 Million Dollar nicht weiter auf. Da war sein Domizil teurer. Und er müsste nicht fürchten, seinen nächsten Paraguay-Urlaub wegen Algengestanks abzubrechen. Viel Hoffnung habe ich nicht. Vermutlich werde ich nur in die Sturmgewehrläufe seiner Wachmänner schauen.

Rückkehr

Die guten Geister der Casa Don Enrique

Anja und Michael wohnen mit ihrem frühpubertierenden Sohn Anton drei Häuser neben meinem. Dort machten wir Station, damit ich Anja und Anton begrüßen konnte. Natürlich gab es auch einiges zu besprechen.

Als ich zur »Casa Don Enrique« kam, war leider nur Flores da. Ihr Freund oder Bräutigam Hanibal war in der Arbeit. Mein Vater hatte die beiden engagiert, damit sie ihm mit seiner Gartenarbeit helfen. Ich kann ihren Lohn größtenteils durch Vermieten decken, aber zum Leben reicht das für sie nicht. Daher geht Hanibal arbeiten.

Sie begrüßte mich herzlich, und wir versuchten, einige Dinge zu besprechen. Ich verstehe zwar schon recht viel, aber das mit dem Sprechen, das muss ich noch üben.

Flores ist eine junge Frau mit sehr vielen Anteilen indianischen Ursprungs. Sie spricht Spanisch und Guarani perfekt, sogar ein paar Brocken deutsch, die ihr mein Vater beigebracht hat. Das Wort »kaputt« hat Flores und Hanibal so gut gefallen, dass sie es scheinbar immer für kaputte Dinge verwenden. Es ist vielleicht eine Art Erinnerung an meinen Vater, den sie extrem geschätzt haben.

Flores, Hanibal und mein Vater vor ein paar Jahren
Nach der Reise war ich so müde, dass ich schon am Nachmittag ins Bett ging und erst aufwachte, als ein sehr heftiges Gewitter losbrach. Ein Sturm brauste über uns hinweg. Der Strom fiel aus. Und das Wasser brauste aus der Dachrinne wie ein reißsender Bach. Hanibal war wohl zurück gekommen, da ich sein Motorrad unter dem Dach vor der Werkstatt stehen sah. Nachdem ich unruhig nochmals ein paar Stunden geschlafen hatte, wachte ich auf, als der Regen aufhörte. Es stürmte immer noch ein wenig. Als ich nach draußen schaute, sah ich wie Flores die Sicherungen wieder einschaltete. Zum Thema Strom später mehr.

In Paraguay sind 90 Prozent der Bevölkerung Mestizen, das heißt Menschen mit Vorfahren aus den Guarani-Indianern und aus Spaniern. Daher ist Paraguay das einzige Land, das eine Indianersprache als Amtssprache besitzt, das Guarani. Es ist eine sehr schöne Sprache, die aber auch sehr schwer zu erlernen ist. In den Zentren verstehen praktisch alle Leute Spanisch, und in der Schule wird Spanisch neben Guarani unterrichtet, aber je mehr man aufs Land und in abgelegene Gebiete kommt, desto stärker ist das Guarani vertreten. Es empfiehlt sich, ein paar Grundbegriffe zu erlernen.

Man merkt Flores und Hanibal ihre indianischen Wurzeln an. Sie sind sehr ruhig, vor allem Flores und sprechen langsam und für mich einigermaßen verständlich.

El Camino

Der Weg ins Grundstück

Als ich am Mittwoch um 7:00 Uhr aufstand, war es immer noch bewölkt und recht diesig. Bald machte ich mich auf, das Grundstück anzuschauen, doch ich wurde enttäscht, da der Weg entlang der rechten Grundstücksgrenze zugewachsen war. Auch entdeckte ich einen Zaun, der den nördlichen Teil, also den Urwald vom südlichen Teil abgrenzte.

Gut, dachte ich mir, also wartet ein Stück körperliche Arbeit auf mich. Hanibal war nicht mehr da, aber Flores schloss mir die Tür zum Schuppen auf. Dort holte ich mir das entsprechende Werkzeug: Machete, Beil und Baumsäge. Zunächst machte ich mich daran, den Weg durch die sehr dichte Wiese zu säubern. Nach etwa fünf Metern und drei bis vier Brandblasen, das heißt zwei Stunden, musste ich erstmal aufgeben bzw. alles Weitere auf Nachmittag verschieben.

Nach dem Mittagessen kam dann Hanibal und wir begrüßten uns, um dann ein wenig darüber zu plaudern, was so alles auf dem Grundstück los ist. Dabei half uns Google Translate recht viel. Ich war dann recht platt und legte mich hin.

Als ich dann meinen Weg weiterbauen wollte, war mein Werkzeug nicht mehr da ... Dann kamen mir Hanibal und Flores entgegen und sagten nur beiläufig: »Todo bien!« Dann schaute ich den Zaun entlang und WOW! die hatten mit einer Motorsense den gesamten Weg freigeräumt! Und das sind immerhin 180 bis 200 Meter.

Ein Teil des Weges, den Hanibal und Flores innerhalb einer guten Stunde gebahnt haben
Paraguayer, die auf dem Land leben und dort mit körperlicher Arbeit Geld verdienen, sind sehr kräftig. Die wuchten beispielsweise im Straßenbau bei manchmal 40 Grad im Schatten Steine mit einem Gewicht herum, das viele Städter in Deutschland keinen Zentimeter vom Boden wegbekommen würden. Bodybuilding ist weitgehend unbekannt.

Ein typisches Bodybuildinggerät in Paraguay: Motorsense (orange mit Stangen)
Ok, das mit den Bodybuilding-Geräten war gelogen. Als ich nach San Bernardino kam, entdeckte ich in einem ehemaligen Tigo-Büro ein »Bodybuilding-Studio«. Das war etwa 20 Quadratmeter groß und bot Platz für ein Laufband, eine Maschine für Gewichtstemmen mit den Armen und eine Maschine für entsprechende Rückenübungen.

Im Geschäft daneben verkauften sie genau solcherlei Maschinchen. Ich hoffe, dass ich ein Foto nachliefern kann.

Wilde Tiere

... oder was ich in Paraguay nicht gesehen habe

Schon als Kind habe ich immer davon geträmt, einem Ameisenbären zu begegnen oder wenigstens einem Gürteltier. All das gibt es in Paraguay. Nur da haben uns Tierfilmer, die den wahrscheinlichsten Aufenthaltsort kannten und sich dort ein bis zwei Jahre auf die Lauer legen konnten, zu sehr verwöhnt. Ok, ok, mir würde ja schon eine banale Vogelspinne reichen. Aber selbst so eine ist mir hier noch nie über den Weg gelaufen. All die gefährlichen Schlangen, Raubkatzen und so weiter haben dermaßen Respekt vor den Menschen, dass es an ein Wunder grenzt, wenn man diesen Tieren tatsächlich begegnet.

Im Lago Ypacarai soll es Krokodile geben. Gibt es wohl auch, aber da muss man sich schon Müttern nähern, die verzweifelt ihre Jungen verteidigen. Das sind Kaimane, die vielleicht in seltenen Fällen mal zwei Meter lang werden. Die können aber nicht mal mit dreifach eingesprungener Todesrolle einem Menschen den Arm abreißen, sondern höchstens mal einen Finger. Schmerzhaft, ja, aber nichts im Vergleich zu einem Dasein als Handtasche, das nun wirklich nicht viel Spaß verspricht.

Was aber in Paraguay wirklich faszinierend ist, und was man auch wirklich viel sehen kann, sind Insekten und anderes Kleingetier. Man braucht nur im Dunkeln das Licht anzuschalten und ist sofort von einer irisierenden Vielfalt von Formen, Farben und Geschwirr umgeben. Da reckt sich die unerschrockene Gottesanbeterin dem noch so großen Feind entgegen, da setzt sich eine grüne Fliege von den Ausmaßen von mindestens drei Hornissen auf die Lampe. Ok, war wohl doch eher eine Zikade.

Diese Fliege ist tatsächlich ohne Flügel fast 5 Zentimeter lang! Mittlerweile weiß ich, dass es sich um eine Zikade handelt.
Manche dieser Insekten sehen nicht nur schön aus, sie machen auch einen Höllenlärm, wie beispielsweise die Terrorzikade. Ich weiß nicht, wie sie wirklich heißt, aber beim Anblick ihres Lärms fiel mir nur dieser Name ein. Dagegen ist Tinnitus das reinste Elfengesäusel.

Die »Terrorzikade« veranstaltet einen gewaltigen Lärm
Auch tagsüber kennt die Vielfalt keine Grenzen. Zum Teil grotesk bemalte Schmetterlinge flattern wirr umher, um sich dann sehr zur Freude des Fotografen mit geschlossenen Flügeln hinzusetzen. Sobald man denkt, dass sie ihre Pracht entfalten, drückt man ab, um hinterher festzustellen, dass der Moment zu kurz war. So sind Schnappschüsse von Schmetterlingen eher selten, zumindest aber mit viel Geduld verbunden. Gegen manches Exemplar erscheint ein Joan Miro wie eine dumpfe Fantasie eines kranken menschlichen Hirns, nach dem Motto: Es war alles schon einmal da, man braucht es nur neu zu entdecken.

Grotesk bemalter Schmetterling. Wenn man nur wüsste, wie die Tierchen heißen!
Mittlerweile bin ich dem ultimativen Killer Auge in Auge gegenübergestanden. Oder jedenfalls Auge in Brille. Es handelte sich um einen Brillenkaiman, die in Paraguay häufiger vorkommen, wenn man sie denn vorkommen lässt. Dieses Exemplar war eher winzig, so etwa 40 Zentimeter lang und harrte im Käfig eines Paraguayers aus. Besser jedenfalls, denn als Geldbeutel rumgetragen zu werden, denn für eine Handtasche war der wirklich zu klein. Brillenkaimane sind eher scheue Wesen, die lieber davonlaufen als ihre Zähne zu zeigen.

Brillenkaiman in einem winzigen Käfig gehalten (Länge etwa 40 Zentimeter)
Menschen und Vernunft sind manchmal zweierlei Ding. Jedenfalls besuchte ich am heutigen Mittwoch einen Nachbarn, der eine Menge Tiere hält: Enten, Krokodile, einen Strauß, unzählige Hühner und Hähne, Fische, Ziegen und was weiß ich noch alles. Sein Grundstück ist etwa 9 Hektar groß. Vor ein paar Jahren war das alles Urwald. Mittlerweile ist alles gerodet, ein See mit über einem Hektar reingebaggert und alles, was kreucht und fleucht, zusammengepfercht oder laufen gelassen. Am Eingang begegnet man Pferden. Dahinter Ziegen und Hühner. Am See dann Enten. Daneben die Wasserschweine.

Wasserschwein, das größte Nagetier der Welt (naher Verwandter des Meerschweinchens)
Die Wasserschweine muss man vor den Menschen wegsperren, denn die gehören zu den sogenannten »Leckerbissen«. Wenn man die frei rumlaufen lässt, vermisst man sie irgendwann und ein anderer freut sich darüber, was in seinem Kochtopf gart. Hühner sind gar angenehme Zeitgenossen, nur mit einem Strauß gehalten, vermisst man bald Eier und Küken. Also einen Käfig für die Glucken und ihren Nachwuchs gebaut, um unnötige Verluste zu vermeiden.

Die Freude an der Tierhaltung reiht sich hier an ein gewisses Unverständnis. Ich denke, man könnte hier einiges durch fröhliche Erinnerung an die Lebenswirklichkeit bewirken. Aber dazu fehlt mir einfach die Zeit. Man muss das Vertrauen der Leute gewinnen und ihnen dann die Leidensgeschichten ihrer Weggefährten erzählen, dann hat man eine Chance ökologisches Bewusstsein zu wecken.

Immerhin sind die Hühner und Enten geprägt auf meinen Nachbarn und machen einen recht glücklichen Eindruck.

Prächtig gefärbter Hahn kurz vor dem Hühner-Urschrei
Tatsächlich ein Zufallsfoto gelang mir mit dieser Eidechse auf dem Grundstück unseres Tierfreunds:
Oft gelingen einem solche Aufnahmen nicht in Paraguay
Den Paraguayer mit seiner Tierfarm als Tierfreund zu bezeichnen, fällt nicht schwer. Viele Paraguayer haben ein – sagen wir mal – merkwürdiges Verhältnis zur Kreatur. Auf diese Weise habe ich einen Hund kennengelernt, der vermutlich gute Chancen hätte, als »schnellst fressender Hund« ins Guinessbuch der Rekorde aufgenommen zu werden. Ich bezweifle allerdings, dass es eine solche Kategorie überhaupt gibt. Der Rekord würde darin bestehen, eine Dose Chappy in weniger als 3 Sekunden hinunterzuschlingen. Ich hätte das nie für möglich gehalten, aber ich habe es mit eigenen Augen gesehen.

Alles begann damit, dass ich am Sonntag morgen um 8:00 Uhr von einem grässlichen Hundegebell aufgewacht bin. Nun muss man die Geschichte des Hundes ein bisserl zurückverfolgen, um alles verstehen zu können:

In Paraguay gibt es massenweise streunende Hunde. Paraguayer halten Hunde, weil diese zum Schutz von Grundstücken eingesetzt werden können. Ich formuliere das mal sehr vorsichtig. Die Hunde landen dann auf einem Grundstück und entwickeln recht schnell eine gewisse Bindung an ihr »Herrchen« oder »Frauchen«. Nichtsdestotrotz erhalten diese Tiere zwar mehr zum Leben als ihre »freien« Artgenossen, aber dennoch nur ein bisserl mehr als man zum Sterben braucht. Das hat damit zu tun, dass viele Paraguayer selber ums Überleben kämpfen und die Hunde dazu auserkoren sind, auch selbst um ihre Leben zu kämpfen.

Wasser und damit Trinken ist das geringere Übel, da meist genügend Wasser da ist. Aber mit dem Fressen hapert es doch hin und wieder. Das Ergebnis ist dann, dass diese Hunde trotz Bessergestelltseins gegenüber ihren wilden Artgenossen eine gewisse Panik davor entwickeln, nichts zu fressen zu bekommen. Trotz alledem sind Paraguayer guter Dinge, dass sich solch ein Hund auch als wirksamer Grundstückswächter etabliert, was allerdings der Wirklichkeit selten nahe kommt.

Strassenhund auf Strasse. Wirklich!
So ging es auch dem Hund auf meinem Grundstück, der vor etwa zwei Jahren sein Dasein eines Straßenhundes mit dem eines Hofhundes eintauschte. Ich war an diesem Sonntag von allen guten Geistern verlassen. Das Gebell war entsetzlich, und ich versuchte, der Ursache auf den Grund zu gehen. Ich fand das arme Tier, kurz angebunden an einem Baum. Wie konnte ich helfen? Zunächst füllte ich die Futterschüssel mit Wasser, dann ging ich ins Haus zurück und versuchte mir vorzustellen, was ein hungriger Hund alles so verschlingen würde.

Heraus kam eine Semmel und eine Dose mit Sardinen. Mittlerweile war die Futterschüssel komplett trocken. Ich konnte also Semmel und Sardinen hineinlegen. Doch dazu kam es nicht! Kaum näherte ich mich dem Hund, schon sprang er mich an und fraß mir die Semmel aus der Hand und riss die Sardinendose an sich und leerte sie innerhalb von Sekunden.

Jetzt war ich ganz baff und fuhr schnell zum Supermarkt, der zum Glück auch am Sonntag geöffnet hatte. Dort kaufte ich Hundefutter. Und zwar Trockenfutter. Das sollte ungefähr für drei bis vier Tage reichen. Ganz glücklich über meine Erwerbung fuhr ich zurück zu El Perro. Aber wieder geschah Unfassbares: Ich öffnete die Packung Hundefutter und versuchte es in den Fressnapf zu befördern. Nur El Perro war schneller. Noch während das Futter aus der Packung dem Fressnapf entgegen schwebte, hatte El Perro schon wieder alles weggeschnappt. Trockenfutter quillt im Magen-Darm-Trakt auf. Viel verträgt so ein Hund sicher nicht. In einem unbeachteten Moment stellte ich die Packung auf eine Kiste. Und was geschah? Richtig! Der Hund sprang auf die Kiste, zerfetzte die Packung und hatte innerhalb von Sekunden alles vertilgt!

Irgendwie hat er das dann überlebt. Und weil ich es selber kaum glauben kann, habe ich ein Video gedreht. Ich stellte meine Kamera auf, während der Hund etwa 10 Meter ums Eck weilte. Dann füllte ich eine Dose besten Dosenfutters in seinen Fressnapf. Sekunden später tauchte das Ungeheuer auf und hatte innerhalb von drei Sekunden alles vertilgt! Man merkt schon an diesen redundanten Formulierungen wie baff ich war, als ich das gesehen hatte.

El Perro, der Fress-Sack! Die Pfote ist wegen einer Krankheit eingebunden.
Und die Alternative zum Dasein eines Hofhundes zeige ich wirklich ungern, aber es ist nunmal eine Realität in Paraguay. Oft enden Straßenhunde wie in folgendem Bild:
Was so von einer Existenz als Strassenhund übrig bleibt.

Im Supermarkt

Einkaufen, mal anders

Man hatte mich ja gewarnt: »Trink nochmal ein Münchner Weißbier. In Paraguay wirst Du zwei Wochen ohne auskommen müssen!« Also am letzten Abend schnell noch gutes Münchner Weißbier genießen. Natürlich betrat ich den Supermarkt in Luque gefasst. Ich wusste ja, was auf mich zukommt.

Paraguayisches Bier (Zum Vergrößern aufs Bild klicken)
Nun aber im Ernst: Wenn man in Paraguay in einen Supermarkt geht, merkt man eigentlich keinen riesigen Unterschied zu deutschen Supermärkten. Es gibt sehr vieles, was man in Deutschland auch bekommt. Das fängt bei der Milka-Schokolade an und hört so schnell nicht wieder auf. Ein ganz offensichtlicher Unterschied sind wohl die Wachleute, die vor allem im Bereich der Ein- und Ausgänge stehen. Die sind bewaffnet. Das liegt ganz einfach daran, dass es in Paraguay sehr viel weniger Polizei als in Deutschland gibt. In den letzten drei Jahren, wo ich nicht hier war, scheinen sie dazu gelernt zu haben. Eine handliche Pistole läßt sich viel schneller ziehen und entsichern als ein fettes Sturmgewehr. Auch ist der Kollateralschaden bei Handfeuerwaffen bei Weitem nicht so erheblich.

Diese Wachleute nimmt man anfangs sehr deutlich wahr, aber mit der zeit nimmt das ab. Schlimmer ist es in Banken, wo auf einen Schalterbeamten vier Wachleute kommen.

Erst wenn man das Preisgefüge studiert, offenbaren sich einem gewaltige Unterschiede zu unseren Märkten: Tropische Früchte kosten das Kilo soviel wie bei uns eine einzige Frucht, zum Beispiel Mango, Papaya, Maracuja oder Guaven. Will man allerdings Käse oder deutsche Schokolade kaufen, sträuben sich einem die Haare. Bier gehört auch zu den eher teuren Dingen. Da gibt es fantasievolle Sorten wie Pilsen, Brahma, Munich oder Schneider. Bier gehört zu den Grundnahrungsmitteln, da sich im Sommer der Durst kaum anders löschen läßt.

Bananen sind in Paraguay gegen unsere Sorten winzig. Oft sind sie braun und wenig ansehnlich. Aber der Geschmack entschädigt für all die Leiden des Anblicks. Ähnliches gilt für Orangen, von denen man einen Sack mit 30 Kilogramm kaufen kann zum Preis von einem Kilo in Deutschland. Der Geschmack ist wundervoll aromatisch und süß. Herrlich ist es, morgens ein Glas frisch gepressten Orangensaft zu trinken.
Frühstück mit Ananas und Maracuja (dahinter selbst gepflückte Brombeeren)
Es ist kaum zu glauben, aber Paraguay ist das Heimatland der Ananas. Die Sorte, die man hier bekommt, dürfte der ursprünglichen Frucht recht nahe kommen. Sie ist viel kleiner als die Ananas, die man bei uns bekommt. Ungefähr so groß wie die Babyananas, aber sie ist geschmacklich ganz anders. Es läßt sich praktisch nicht beschreiben. Am besten rüberkommen und selber probieren.

Da die meisten Paraguayer nicht gerade in Geld schwimmen, liegt der Schwerpunkt auf günstigen Artikeln. Man kann die gleichen Artikel aber auch für teures Geld in einer besseren Qualität erhalten. Vieles wird Europäern bekannt vorkommen: Maggi, Knorr und vieles andere mehr steht da in den Regalen. Daneben auch sehr viele Imitate, die dann den Geldbeutel weniger belasten. Manches scheint aus dem Deutschland der 50er oder 60er Jahre entlehnt zu sein. Genauso sieht dann auch die Verpackung aus.

Dann finden sich wieder viele Produkte aus paraguayischer Fertigung, vor allem Reinigungsmittel und Haushaltswaren. Leider ist es strengstens verboten, in Supermärkten zu fotografieren oder Videos zu drehen.

Wer glaubt, dass man in Paraguay nicht alles bekommen würde, liegt falsch. Aller technischer Schnickschnack, angefangen bei hochwertigen Kameras über die neuesten Handys und edle Notebooks, bekommt man zumindest in Asuncion und Umgebung. Die Preislage ist etwa 10 bis 20 Prozent teurer als bei uns. Und wenn man etwas gar nicht bekommt, gibt's immer noch Importeure, die einem die Sachen aus Europa, Nordamerika oder Asien mitbringen.